„Anfang der 1980er Jahre fand sich im Osten Berlins für die Vernissage einer Ausstellung mit Fotos und selbst genähten Kleidern eine „lose Vereinigung mit anarchistischem Charakter“ (O-Ton Stasi) zusammen. Zusammengewürfelt durch das gemeinsame Interesse am wilden Leben und die ansonsten eingeschränkten Möglichkeiten explodierte die Kreativität und es wurden großartige Modeperformances mit dem Publikum gefeiert. Faktisch jeder kannte jemanden, der etwas einbringen konnte und wollte, egal ob es selbst -designte, -genähte, -geklebte, -gestrickte Klamotten waren oder goldenes Haarspray, falscher Schmuck, echte Perücken, Scheinwerfer, Bühnentechnik, Tontechnik oder Kunstnebel – in einer Mangelgesellschaft wurde alles gebraucht. Auf die Bühne durfte, wer exaltiert und extrovertiert genug war. Diversität war für uns selbstverständlich, für die zuschauenden Funktionäre und Stasizuträger unvorstellbar provokant. Als Mitorganisator dieser Spektakel habe ich mir als Fotograf eine eigene exotische Motivwelt mit erschaffen, ohne über die Mauer zu springen. Jede Aufführung war einmalig, Langeweile und Mainstream wurden nicht geduldet, das Motto war: „NEW YORK IST DA, WO WIR SIND!“
Egal, ob in der Wohnung der Fotografin Helga Paris, im Jugendclub der Staatlichen Museen Berlin, dem HdjT (Haus der jungen Talente), dem Berliner Ratskeller oder im Verband der bildenden Künstler, wir haben gefeiert und wurden gefeiert.“
Jürgen Hohmuth
Im Rahmen der Ausstellung: Der große Schwof. Feste feiern im Osten
Veranstaltungsort
Kunstsammlung Jena
Markt 7
07743 Jena
Veranstalter
Kunstsammlung Jena